Der neue Roman von Carsten Henn trägt den Titel „Die Butterbrotbriefe“. Auf dem Titelbild sehen wir einen Mann und eine Frau, die in verschiedene Richtungen gehen. Sein Blick geht über die Schulter zu ihr. Sie ist flotten Schrittes schon an ihm vorbei und scheint ihn nicht wahrgenommen zu haben.
Optisch getrennt werden die beiden durch ein knittriges Butterbrotpapier, in das ein kreisrundes Loch gerissen ist. Darauf ist in verschiedenen Schrifttypen der Autorenname und in bunten Lettern der Buchtitel zu sehen. – Jetzt habe ich viel zum Titelbild geschrieben: Aber worum geht es denn in diesem Roman?
Das Buch ist vielschichtig angelegt: Liebesgeschichte, Familiengeschichte, Selbstfindungsgeschichte. Ein Thema ist die Frage, ob unser Leben vom Schicksal bestimmt wird oder von vielen kleinen Zufällen – und was wir selbst für uns tun können, damit es uns gut geht. Darüber sind sich die Hauptpersonen des Romans nicht einig. Doch dazu später mehr.
Nach Buchspazierer und Geschichtenbäcker
Carsten Henns Bücher „Der Buchspazierer“ und „Der Geschichtenbäcker“ habe ich mit großer Freude und viel Genuss gelesen. Ich war daher sehr gespannt, als ich ein Vorabexemplar von „Die Butterbrotbriefe“ zur Lektüre erhalten habe: Ob mir der neue Roman wieder so gut gefallen würde wie der Buchspazierer? Das und mehr erfährst du, wenn du diesen Beitrag liest.
Die Geschichte der Butterbrotbriefe
Die zentrale Figur des Romans ist Kati, die sich mit fast 40 Jahren entschließt, ein neues Leben zu beginnen. Nach dem Tod ihrer Mutter und ihres Vaters hält sie nichts mehr in dem kleinen Ort, in dem sie aufwuchs. Viele Träume, die sie hatte, haben sich hier aus verschiedensten Gründen nicht erfüllt. Sie ist nicht nur unzufrieden mit ihrem Leben, sondern auch wütend auf Menschen, die ihr Steine in den Weg gelegt haben.
Doch bevor sie geht, will sie sich von allen verabschieden, die ihr Leben prägend beeinflusst haben – im Guten wie im Schlechten. Ob Grundschul-Lehrerin, Friseurin, Supermarkt-Kassiererin, ob Lebende oder Tote – sie beginnt, Briefe zu schreiben. Manche von Hand, manche getippt. Und alle auf Butterbrotpapier, das ihr verstorbener Vater über viele Jahre für sie in einer Holzkiste gesammelt hatte.
Sie verschickt ihre Briefe allerdings nicht mit der Post, sondern liest sie den Adressaten persönlich vor, so schwer ihr das fällt. Nur so kann sie mit Schönem wie Schlechtem für sich abschließen, glaubt sie. Und das ist notwendig, wenn sie ein neues Leben beginnen will.
Aber mit jedem Brief treten auch neue Fragen in ihr Leben. Sie erfährt, dass manches anders war, als es ihr erschien. Dass die Steine auf ihrem Weg nicht immer von denen dort platziert wurden, denen sie es angelastet hat. Und auf ihre drängendsten Fragen wird sie vermutlich nie eine Antwort bekommen.
Kati begegnet auf ihrem Weg in ein neues Leben auch Severin, der seit einer Weile auf der Straße lebt. Ein von ihm verschuldetes Unglück hat ihn aus der Bahn geworfen. Doch nach seiner Begegnung mit Kati glaubt er fest daran, dass ihn das Schicksal zu dieser Frau und ihrem Heimatort geführt hat. – Sind Kati und Severin wirklich durch das Schicksal miteinander verbunden? Kati jedenfalls glaubt nicht an Schicksal.
Und hier passt ein schönes Zitat aus dem Buch: „Das Schicksal bestimmt vielleicht, wer in unser Leben kommt, aber das Herz, wer darin bleibt.“
Die Butterbrotbriefe als Hörbuch
Wer nicht lesen will, kann hören: Die Butterbrotbriefe gibt es auch als ungekürztes Hörbuch von Hörbuch Hamburg.
Vorgelesen wird uns die Geschichte von Steffen Groth, dessen Stimme ich als sehr angenehm empfinde. Aber auch für die Buch-Leserinnen und -Leser ist das Hörbuch eine schöne Ergänzung – es macht Freude, die gerade gelesene Geschichte noch einmal komplett akustisch vorgetragen zu genießen.
Also: Warum nicht beides – Buch plus Hörbuch?
Meine Meinung zur Geschichte
Carsten Henn ist es wieder einmal gelungen, mit seinen Worten wundervolle Figuren zu zeichnen. Die Geschichte berührt Herz und Seele, ist voller liebevoller und liebenswerter Details. Ich habe mit Kati und Severin gelitten, gebangt, gehofft und mich gefreut.
Ähnlich wie im Buchspazierer gibt es auch in diesem Roman einen bunten Reigen herzerwärmender, teils kauziger Menschen (und Tiere). Alle zusammen ergeben ein wunderschönes, stimmiges Bild.
Leserinnen und Lesern von „Der Buchspazierer“ und „Der Geschichtenbäcker“ wird bei der Lektüre genau wie mir das Herz aufgehen, denke ich: Mal hier, mal dort tauchen am Rand der Geschichte vertraute Orte und Figuren auf. Das verleiht der Geschichte eine weitere Ebene und ist für mich ein ganz besonderer Genuss! – Mehr will ich hier nicht verraten.
Mein Tipp: Wer die beiden vorgenannten Bücher noch nicht gelesen hat, sollte das vor dem Genuss des neuen Buches dringend nachholen. Nicht nur, dass beide Bücher mehr als lohnenswerte Lektüre sind – es bereitet auch ein ganz besonderes Vergnügen, im neuen Buch „alten Freunden und Bekannten“ zu begegnen.
An dieser Stelle mein herzlicher Dank an Carsten Henn, dass er die drei Geschichten so geschickt und unauffällig schön miteinander verwoben hat!
Mein Fazit zu „Die Butterbrotbriefe“
Ich fasse mich kurz: Kaufen, lesen, genießen! – Oder etwas länger: Wer den Buchspazierer – der übrigens gerade verfilmt wird – mit Genuss gelesen hat, wird an den Butterbrotbriefen auf jeden Fall große Freude haben. Beide haben in mir ähnlich starke Emotionen ausgelöst.
Und wie bereits erwähnt, macht es besondere Freude, die Berührungspunkte der drei Bücher bei der Lektüre zu entdecken. Darum gilt meine Empfehlung für alle drei Bücher: Kaufen, lesen, genießen!
Bibliographische Angaben und Bestellmöglichkeit
Buch-Ausgabe
Carsten Henn: Die Butterbrotbriefe, Piper-Verlag, ISBN 978-3-492-07182-6, 256 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, Preis: 20 Euro [D] – Hier online bestellbar. Oder direkt ordern beim Piper-Verlag.
Hörbuch auf CD
Carsten Henn: Die Butterbrotbriefe, gelesen von Steffen Groth, Hörbuch, MP3 auf CD, ISBN 978-3-86952-589-1, Laufzeit: 394 Minuten, Hörbuch Hamburg HHV GmbH, Osterwold Audio, Preis: ab ca. 14,95 Euro, Hörbuch hier online bestellbar.
